Zwei Menschen, zwei Hintergründe, ein gemeinsamer Nenner: Die Ausbildung an der LFS Grottenhof war für beide eine Zäsur. Sabine Rogowiecki fand hier zurück zu den Pferden, Bernhard Obenaus eine neue Berufung.

Sabine Rogowiecki und Bernhard Obenaus war Landwirtschaft nie ein Fremdwort. Obenaus wuchs am bäuerlichen Familienbetrieb mit Kühen und Schweinen im Norden von Graz auf. Rogowieckis Eltern hielten und züchteten schon in ihrer Kindheit Pferde. Zunächst Haflinger, später Shagya-Araber. Die Prägung durch die Landwirtschaft eint die beiden Steirer. Dann führten ihre Wege sie in unterschiedliche Richtungen. Aber nur, um sich später am Grottenhof wieder zu kreuzen. Beide absolvierten den einjährigen Lehrgang für Pferdewirtschaft und schlossen ihn mit dem Facharbeiter Pferdewirtschaft ab.

Zwei Wege, ein Ziel
Für Obenaus war die Ausbildung ein logischer Schritt. Er richtete schon zuvor seine berufliche Laufbahn auf die Landwirtschaft aus, liebäugelte mit der Übernahme des elterlichen Betriebs. Der erste Schritt in diese Richtung war ein dreijähriger Lehrgang an der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Hafendorf in Kapfenberg. Nach Abschluss suchte er eine Möglichkeit zur Spezialisierung auf die Pferdewirtschaft. Der Lehrgang an der LFS Grottenhof passte da wie die Faust aufs Auge. 

Während sich Obenaus Weg schnurgerade auf die Fachschule zubewegte, führte jener von Sabine Rogowiecki über einige Kurven und Abzweigungen zum Grottenhof. Sie hatte durch die Zucht ihrer Eltern schon in Kindheitstagen einen direkten Draht zu Pferden. Das Reiten brachte sie sich selbst bei, Stunden nahm sie nie. Dafür war sie am Betrieb fest mit eingebunden. Rogowiecki fütterte die Pferde, mistete aus und half bei den Heuarbeiten. Mit 19 Jahren wurde sie schwanger, zog von zu Hause aus. Damit riss auch der Kontakt zu Pferden weitgehend ab. 15 Jahre lang war Rogowiecki Reit-abstinent. Beruflich schlug sie den Weg zur Ausbildung als Krankenschwester ein. Mit Anfang 30 und nach neun Jahren als Pflegerin in der Psychiatrie wollte Rogowiecki eine Auszeit. Sie beantragte eine Bildungskarenz und entschied sich, noch einmal die Schulbank zu drücken und gleichzeitig wieder in den Sattel zu steigen. Sie begann den einjährigen Lehrgang für Pferdewirtschaft an der LFS Grottenhof. „Das war etwas nur für mich. Ich wollte einmal etwas ganz anderes machen, wieder mit Pferden in Berührung kommen, wieder reiten“, so Rogowiecki. 

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Sabine Rogowiecki und Bernhard Obenaus absolvierten beide die LFS Grottenhof.
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Die LFS Grottenhof bei Graz bietet zwei Ausbildungsschienen im Bereich Pferdewirtschaft an.

Pferd im Unterricht
Die landwirtschaftliche Fachschule Grottenhof bei Graz bietet im Bereich Pferdewirtschaft zwei Ausbildungsschienen an. Einerseits eine vierjährige Ausbildung in Kooperation mit dem Oberstufenrealgymnasium Monsbergergasse. Absolvent:innen haben nach Abschluss sowohl die AHS-Matura als auch die Ausbildung zum/zur Facharbeiter:in in der Tasche. Andererseits gibt es den einjährigen „Weiterführenden Lehrgang für Pferdewirtschaft“, für dessen Aufnahme bereits eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung vorausgesetzt wird. Absolvent:innen dieses Lehrgangs schließen ebenfalls mit der Prüfung zum/zur Facharbeiter:in Pferdewirtschaft ab. Es handelt sich um eine Vollzeit-Ausbildung im Rahmen von 36 Wochenstunden. In dem einen Ausbildungsjahr sammeln die Schüler:innen insgesamt Erfahrung in 432 Praxisstunden. Denn neben theoretischen Fächern wie Veterinärkunde oder Betriebswirtschaft und Unternehmensführung wird an der LFS Grottenhof viel Wert auf die praktische Reit- und Fahrausbildung gelegt. Dementsprechende Prüfungen des Österreichischen Pferdesportverbandes werden regelmäßig angeboten. 

Durchgestartet
Die Praxis war es auch, die bei Obenaus und Rogowiecki am meisten hängen geblieben ist. Bernhard Obenaus hatte sich schon vor seiner Zeit an der LFS Grottenhof in der Fahrszene einen Namen gemacht. Er war auf zahlreichen nationalen und internationalen Fahrturnieren am Start, nahm mit Haflinger Stern an den Junioren-Europameisterschaften teil und sicherte sich mit Wallach Akkord den Österreichischen Meistertitel der Jungen Fahrer. Im Sattel schaute das ganz anders aus. „Im Reiten war ich gerade einmal von der Longe runter“, erzählt er lachend und meint: „Da habe ich in der Ausbildung schon sehr viel mitgenommen.“ Heißt konkret: Er hantelte sich in dem einen Jahr vom Reiterpass bis zum Übungsleiter Reiten hinauf. „Diese Chance, dass du alles so schnell absolvierst, hast du privat gar nicht. Alleine von den Fristen her, aber auch von der Ausbildung her. Wer hat denn schon das Geld, um sich fünf Tage die Woche einen Reitlehrer leisten zu können?“

Ähnlich war es bei Sabine Rogowiecki. Sie hatte im Alter von 18 Jahren das Bronzene Fahrabzeichen bestanden, konnte ansonsten aber keine weiteren Prüfungen vorweisen. An der LFS Grottenhof sollte sich das schlagartig ändern. In einem Jahr meisterte sie sämtliche Prüfungen bis zur Reit- und zur Fahrlizenz. Man merkt schnell, dass Praxis und die Thematik Pferd in der Ausbildung sehr präsent sind. Der Lehrgang hat aber auch einen landwirtschaftlichen Schwerpunkt, erkennbar an Fächern wie Bodenkunde und Pflanzenbau, Landtechnik und Baukunde oder Agrartourismus. Hat man vor dem Lehrgang keine land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildung absolviert, sind Eignungsprüfungen in den Bereichen Pflanzenbau, Tierhaltung und Landtechnik Voraussetzung für die Aufnahme – laut Rogowiecki auch für Quereinsteiger „absolut machbar“. 

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Mehr als nur ein Job
Bernhard Obenaus ist mit viel praktischer Erfahrung in der Pferdewirtschaft an den Grottenhof gekommen. In der Ausbildung wurden die Kenntnisse des Tuns mit theoretischem Fachwissen ergänzt. Obenaus wurde vom Praktiker nun auch zum Theoretiker. Mittlerweile ist er gemeinsam mit Gattin Vera fest in die Führung des elterlichen Betriebes eingebunden, züchtet Haflinger und Österreichische Warmblutpferde und bildet sich stetig weiter. Etwa ist er mittlerweile Fahrinstruktor. Dennoch ist Obenaus beinahe täglich an der LFS Grottenhof zugegen. Mittlerweile in der Funktion des (Kutsch-)Fahrlehrers. Nachdem sein Vorgänger Erwin Movia die Gestütleistung im Bundesgestüt Piber übertragen wurde, stieg Obenaus im vergangenen Schuljahr an der LFS Grottenhof ein. Er bringt viel Erfahrung im Kutschbock mit, das Unterrichten macht ihm Spaß. Es gefällt ihm, dass er nun seine Passion für das Kutschenfahren an nächste Generationen weitergeben kann. Genauigkeit und Sicherheit sind ihm im Umgang mit Pferden am wichtigsten. Darauf legt er im Unterricht großen Wert. 

Rogowiecki hat auch neben dem Lehrgang am Grottenhof geringfügig im Krankenhaus weitergearbeitet. Nach der Bildungskarenz ist sie in ihren Beruf zurückgekehrt. Doch zwei Dinge haben sich grundlegend geändert: Sie hat viel an Wissen dazugewonnen und die Verbindung zu Pferden, die wird sie nicht noch einmal kappen. Mittlerweile hält sie sich zuhause ein Pony und einen Esel. Ein Warmblut und eine Haflingerstute hat sie in einem Stall untergebracht. Dank des Lehrgangs hat Rogowiecki zum Reiten und zu den Pferden zurückgefunden. Mit ihrer Haflingerstute möchte sie künftig auch selbst züchten. Das erste Fohlen ist für das Jahr 2022 geplant. Vieles aus dem Lehrgang lässt sie nun in ihre tägliche Arbeit einfließen. „Die Ausbildung kann für jeden eine Bereicherung sein, der mit Pferden zu tun hat“, so Rogowiecki. 

Obenaus schlägt in dieselbe Kerbe: „Es ist sicherlich sehr interessant für Leute, die sich auf Pferde spezialisieren wollen. Klar gibt es auch andere Kurse, aber dass man praktisch und theoretisch so viel auf einmal machen kann, das macht diesen Lehrgang einzigartig.“ Der Grazer lebt seine Leidenschaft mittlerweile Tag für Tag. Am eigenen Betrieb, am Kutschbock, beim Unterrichten. Er liebt, was er tut und legt jedem die Arbeit in der Pferdewirtschaft ans Herz. „Es ist ein 365 Tage Job, eine Lebenseinstellung.“ Mit allen ihren Vor- und Nachteilen.

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Infos zum weiterführenden Lehrgang Pferdewirtschaft an der LFS Grottenhof bei Graz

Aufnahmekriterien Fachlich:

  • 3- bzw. 4-jährige land- und forstwirtschaftliche Fachschule oder abgeschlossene Berufsausbildung zum/r landwirtschaftlichen Facharbeiter/in oder 
  • 2-, 3- bzw. 4-jährige land- und ernährungswirtschaftliche Fachschule mit jeweils spezifischen Eignungsprüfungen oder 
  • abgeschlossene Berufsausbildung, Matura oder abgeschlossenes Studium mit jeweils spezifischen Eignungsprüfungen 

Aufnahmekriterien Praktisch:

  • Reiterpass oder
  • Westernreitzertifikat oder
  • Gangreitabzeichen in Bronze oder
  • Fahrabzeichen in Bronze
  • Einschlägige Praxis von mindestens drei Monaten in einem pferdefachbezogenen Betrieb

Abschluss:

  • Fachlich: Facharbeiterbrief im Berufsbild „Pferdewirt:in“
  • Praktisch: Im Reiten und/oder Fahren Niveau der Klasse A und/oder der Klasse E

Dauer:

  • 1 Schuljahr
  • 36 Wochenstunden, gesamt 1432 Stunden

Kosten:

  • Gebührenfrei
  • Allerdings Kosten für Lehrmittel und Prüfungen
  • Ggf. Kosten für Unterbringung oder Einstellpferd

Sonstiges:

  • Es werden zusätzlich das Wanderreitabzeichen, der Wanderreitführer, das Longierabzeichen, der Übungsleiter Reiten sowie der Traktorführerschein angeboten
  • Es besteht die Möglichkeit während der Ausbildung im angeschlossenen Internat oder in einer WG am Schulareal zu wohnen
  • Ja nach Verfügbarkeit von Boxen kann das eigene Pferd zur Ausbildung mitgebracht werden