Das österreichische Unternehmen CharLine ist Vielen durch die schwarze Futterkohle ein Begriff. Doch hinter dem Unternehmen steckt noch Einiges mehr. Wir haben die Produktion besichtigt und zum Gespräch gebeten. Im Interview sprechen Geschäftsführer Dipl.-Ing. Dominik Dunst und die Abteilungsleiterin für Futterkohle Anna Maria Rumer über Kompost, (Futter)Kohle und Klimaschutz.

Herr Dipl.-Ing. Dunst, CharLine ist ein Tochterunternehmen der Firma Sonnenerde. Wie ist das Unternehmen entstanden? 
Dipl.-Ing. Dunst: „Mein Vater war als Kompostfachberater in ganz Europa tätig und wurde immer dann gerufen, wenn es Probleme gab. Das waren meistens Geruchsprobleme, die man von den Kompostwerken kennt. Ihn hat aber gestört, dass eigentlich kein Kompostwerk Interesse daran hatte, wirklich guten Qualitätskompost herzustellen, sondern nur an der Abfallübernahme, mit der man verdient. Mein Vater hat immer einen anderen Zugang gehabt. Er wollte und will der Branche zeigen, was für großartige Produkte man mit Qualitätskompost herstellen kann. Das war die Geburtsstunde des Unternehmens Sonnenerde. Es ist 1998 gegründet worden und vom ersten Tag an stand bei uns der Nachhaltigkeitsgedanke an oberster Stelle.“ 

Wie ist es dann vom Boden zum Futter gekommen? 
Dipl.-Ing. Dunst: „Die Besonderheit ist, dass wir nicht nur einen Kompost herstellen, sondern vier verschiedene Komposte. Das ist einmal der Klärschlammkompost, etwa wenn man einen Rasen anlegt. Dann haben wir den Bio-Kompost, der überall dort zum Einsatz kommt, wo Lebensmittel produziert werden. Dann haben wir einen sauren Kompost für Pflanzen, die einen sauren Boden brauchen und einen Kohle-Kompost. Und damit ist auch die Firma CharLine entstanden. Oberstes Ziel meines Vaters war es immer, die fruchtbarste Erde der Welt herzustellen. Und da sind wir relativ schnell auf die Terra Preta in Brasilien gestoßen. Terra Preta ist portugiesisch, heißt schwarze Erde. Eine der Schlüsselkomponenten dieser fruchtbaren Erde ist Kohle. Die Ureinwohner haben alle Fäkalien, alle Knochen, alle Küchenabfälle in einem Topf zusammengeworfen und verkohlt und dann einfach wieder in ihre Gemüsebeete gegeben. Mit der Erkenntnis haben wir uns schnell auf die Suche nach einer Lösung gemacht, wie man Kohle selbst nachhaltig herstellen kann und die erste abfallrechtlich bewilligte Pflanzenkohle-Produktionsanlage Österreichs eröffnet. Dafür haben wir auch den Klimaschutzpreis erhalten. Im Jänner 2016 haben wir die Firma CharLine gegründet, die ersten Produkte waren nach einem Jahr fertig. Und das Entwickeln hört ja bei uns nicht auf. Wir experimentieren ständig weiter.“ 

whatsapp image 2021 10 15 at 10.35.30
Dipl.-Ing. Dunst (li.) und Anna Maria Rumer (re.) führen durch die Produktion.
img 9993 2
CharLine stellt Futterkohle aus dem Rohstoff Pflanzenkohle her.

Ganz einfach erklärt: Was ist Futterkohle? 
Anna Maria Rumer: „Futterkohle besteht aus Pflanzenkohle, wird also aus verschiedenen pflanzlichen Rohstoffen in der Verkohlung hergestellt. Sie ist ein Zusatzfuttermittel und wirkt wie ein Schwamm, der durch den Körper geht, dort Schad- und Giftstoffe aufnimmt und diese ausleitet.“

Was war die größte Herausforderung in der Entwicklung der Futterkohle?
Dipl.-Ing. Dunst: „Nach wie vor ist es die größte Herausforderung, den Rohstoff Pflanzenkohle sauber herzustellen. In der Europäischen Union gibt es das European Biochar Certificate (EBC) mit sehr strengen Grenzwerten für Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK. Die sind krebserregend. Weil es uns wirklich interessiert hat, haben wir sämtliche unserer Futterkohlen beim Amt für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) auf PAKs nach Futtermittelstandard untersuchen lassen. Die Rückmeldung war: ‚Ihre Futterkohle frisst unseren Standard.‘ Um das zu verstehen, muss man wissen, wie die Analytik von PAKs im Futtermittelbereich funktioniert: Zum Futtermittel wird ein genau definierter Anteil PAKs beigemischt. Misst man danach drei Anteile PAKs, weiß man, dass zwei Anteile in der Futterkohle waren. Ein Anteil wurde ja zuvor hinzugefügt. Bei unserer Futterkohle wurde ebenso ein Teil PAKs ergänzt, aber danach nichts mehr gemessen. Das zeigt, dass unsere Futterkohle aktiv PAKs, aktiv krebserregende Stoffe bindet. Dass du die Futterkohle aber so sauber herstellen kannst, das ist schwierig.“

Wenn die Futterkohle solche Stoffe bindet, kann es auch sein, dass sie im Körper freigesetzt werden? 
Rumer: „Nein, die bleiben in diesem „Schwamm“. Der wandert durch den Körper, nimmt Schadstoffe auf und wird ausgeschieden. Dabei gibt er selber nichts ab.


Wie wird die Futterkohle hergestellt?
Futterkohle besteht aus den Rohstoffen Bio-Sonnenblumenschale, Bio-Dinkelspelzen, Trester aus der Bio-Marmeladenproduktion sowie Holzkohle. Bis auf die Holzkohle – die regional zugekauft wird – werden alle Komponenten am Firmengelände verkohlt. Sonnenblumenschalen, Spelzen und Trester werden durch eine Zellradschleuse unter Luftverschluss in die Anlage und über eine Schnecke weiter transportiert. Währenddessen wird das Material verkohlt. Dabei entsteht Gas, das abgesaugt, gereinigt, verbrannt und als Abgas wieder zum Beheizen der Schnecke verwendet wird. Das Abgas kommt dabei nie in Berührung mit der Kohle, was das Endprodukt verunreinigen könnte. Durch diesen Prozessschritt punktet die Anlage auch in punkto Energieeffizienz: Sobald sie auf Temperatur gebracht wurde, läuft sie von selbst. Die fertige Kohle wird mit Wasser gelöscht und verlässt durch eine weitere Zahnradschleuse die Verkohlungsanlage. Sie ist geruchs- und geschmacksneutral.

img 9979 2
Bio-Sonnenblumenschale, Bio-Dinkelspelzen und Bio-Trester…
img 9985 2
… werden zu Pflanzenkohle verkohlt.

Mittlerweile gibt es am Markt mehrere Futterkohle-Produkte. Was hebt eure vom Mitbewerb ab? 
Rumer: „Wir haben für jedes Tier das individuell richtige Mischungsverhältnis aus den Grundrohstoffen, denn man kann einen Pferdemagen nicht mit dem eines Hundes vergleichen. Zusätzlich haben wir die Konsistenz für jedes Tier angepasst – Pellet, Gries oder ganz feine Kohlemischung. Und wir haben viel geringere Fütterungsmengen.“ 

Was spricht für euch für den Einsatz der Futterkohle beim Pferd? 
Rumer: „Beim gesunden Tier wünschen wir uns einen Einsatz zweimal im Jahr. Am besten wäre es kurz vor dem Fellwechsel, um das Pferd vermehrt zu unterstützen. Mit der Futterkohle bringe ich den Magen-Darm-Trakt in Balance, nehme alles weg, dass der Organismus von Grund auf nicht gut verstoffwechselt und kann parallel – während ich die Futterkohle noch auslaufen lassen – z.b. ein Mittel zur Unterstützung des Fellwechsels geben. Oder ich verbessere einfach die Aufnahme des täglichen Futters. Es ist tatsächlich so, dass Pferde durch die oftmalige Überfütterung mit Supplementen, Vitaminen und anderen Zusätzen vieles gar nicht mehr aufnehmen können. Hier hilft die Futterkohle.
Bei kranken Tieren gibt es natürlich andere spezielle Gründe, wie und wann ich die Futterkohle einsetze. Auch eine dauerhafte Fütterung ist möglich. Einige Stallungen füttern es den ganzen Sommer wegen der Weide oder im Winter wegen minderer Heuqualität. Wir habe auch Rückmeldungen von langfristig gefütterten Pferden, dass sie diese kleinen Infekte, die vielleicht durch den ganzen Stall gehen, einfach nicht bekommen. Auch bei kolikanfälligen Pferde hält mit Dauerfütterung die Balance im Magen-Darm-Trakt besser an und die Koliken werden weniger. Ebenso bei Kotwasserpatienten, Pferden mit Mauke oder Hautproblemen haben wir gute Erfolge mit einer Langzeitanwendung.“ 

Also eigentlich kann man mit der Gabe von Futterkohle nicht viel falsch machen. 
Rumer: „Nein. Nur wenn man Medikamente füttert, empfehlen wir grundsätzlich, die Futterkohle abzusetzen. Hintergrund dafür ist, dass in den Medikamenten enthaltene Wirkstoffe, die ebenfalls das Verdauungssystem des Pferdes durchwandern, sonst ggf. ebenfalls durch die Futterkohle gebunden werden können und dadurch praktisch wirkungslos werden. Aber es liegt immer im Ermessen des Besitzers. Wenn jetzt z.b. ein Gelenk eingespritzt wird, dann muss die Futterkohle natürlich nicht abgesetzt werden. 
Dipl.-Ing. Dunst: „Viele kennen nur die Aktivkohle aus der Apotheke, die bei Durchfall eingesetzt wird und wirklich sehr aggressiv wirkt. Die hat eine viel größere Oberfläche als unsere Futterkohle. Damit bindet sie alles, was sie findet. Auch sehr viel Flüssigkeit, deshalb bekommt man gleich einmal Verstopfungen. Unsere Futterkohle haben wir wirklich auf Schad- und Giftstoffbindung hin getrimmt. Sie nimmt sehr wenig Flüssigkeit auf. Deswegen habe ich keine Verstopfungsprobleme mit unserer Futterkohle. Ein weiteres Bedenken bei langfristiger Fütterung ist die Vitalstoffbindung. Aus der Erfahrung wissen wir aber, dass keine Nährstoffe, Vitalstoffe oder Vitamine in nennenswertem Umfang gebunden werden, die Leistungsfähigkeit also nicht reduziert wird.“ 

img 9983 2
Dipl.-Ing. Dominik Dunst leitet das Unternehmen.

Was ist das stärkste Argument, warum man auf Pflanzenkohle setzen sollte, sowohl als Futtermittelzusatz, als auch als Dünger?
Rumer: „Die Futterkohle ist deshalb interessant, weil ich mit einem einfachen alten Hausmittel in verbesserter Form in vielen Bereichen extrem viel bewirken kann. Es ist kein Wundermittel, aber ein wertvoller und natürlicher Futtermittelzusatz für alle Tiere.“
Dipl.-Ing. Dunst: Speziell im Nutztierbereich sprechen wir immer auch vom positiven Kaskadeneffekt der Pflanzenkohle. Ziel ist es, dass sich der Einsatz der Futterkohle durch die gesicherte (oder manchmal sogar gesteigerte) Tiergesundheit im Magen-Darm-Trakt schon rechnet. Diese spezielle Pflanzenkohle-Mischung ist aber auch danach im Stallmist noch aktiv. Sie fungiert als Zwischenspeicher für die verfügbaren Nährstoffe, welche einmal auf das Feld als Wirtschaftsdünger ausgebracht auch pflanzenverfügbar sind.

Der Nachhaltigkeitsgedanke spielt bei CharLine eine große Rolle. Wie kann CharLine als Marke diesen Nachhaltigkeitsgedanken noch weiter in der Gesellschaft vorantreiben? 
Dipl.-Ing. Dunst: „Das kommt mit der CO2-Zertifizierung. Das Coole an dem Produkt – ob es jetzt Futterkohle, Güllekohle oder die reine Pflanzenkohle ist – ist, dass der dort eingeschlossene Kohlenstoff über hunderte Jahre stabil ist. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Wir binden mehr CO2 als wir freisetzen. Das heißt, jeder Kunde, der bei uns ein Produkt kauft, ist eigentlich aktiv Klimaschützer, ob er will oder nicht. Und das gilt für alle unsere Produktlinien.“ 

Stichwort Nachhaltigkeit: Einer der Grundrohstoffe für Pflanzenkohle ist Holz. Holz ist ein natürlicher Rohstoff, braucht aber auch seine Zeit, bis er wieder nachwächst. Wenn die Nachfrage an Pflanzenkohle steigt, kann man sie dann überhaupt noch nachhaltig herstellen?
Dipl.-Ing. Dunst: „Ja, definitiv. Wir haben in Österreich, obwohl wir viel Holz als Werk- und Brennstoff einsetzen, noch immer pro Jahr mehr Wald als im Vorjahr. Das heißt, in Österreich sind wir in der sehr glücklichen Lage, dass das funktioniert. In weiterer Folge wird es auch Produkte geben, die nicht diesen hochwertigen Rohstoff Holz brauchen. Ich habe zum Beispiel ein Forschungsthema mit der Verwertung von Restmüll. Wir hören also nicht bei der Futterkohle auf, sondern wir stecken derzeit in der Entwicklung weiterer nachhaltiger Produktlinien.“

img 9981 2

Man hört heraus, CharLine arbeitet sehr visionär. Was möchten Sie mit dem Unternehmen erreichen? 
Dipl.-Ing. Dunst: „Der erste Schritt ist für mich die für Anfang 2022 geplante Erweiterung des Unternehmens. In diese fließt unsere langjährige Erfahrung und das dadurch aufgebaute Wissen ein, etwa die Bearbeitung und Beförderung des Rohstoffs Pflanzenkohle. Ziel ist es – und die Anfragen haben wir seit zwei, drei Jahren im Haus – unsere Anlage und damit unser Know-How in anderen Ländern zu etablieren. Wir sind ein großer Freund davon, Transportkilometer so gut es geht zu reduzieren. Die Rohstoffe für Pflanzenkohle gibt es überall auf der Welt. Ich will die Wertschöpfung möglichst regional halten, kein Riesen-Werk aufbauen und von dort die ganze Welt beliefern. Diese Anfragen haben wir konkret aus Norwegen, aus der Schweiz, aus Deutschland und auch aus Italien.“
Rumer: „Meine Vision ist es, dass jeder Mensch, der ein Tier hält – egal ob er Landwirt ist oder ein Heimtier hält –zumindest weiß, was Futterkohle ist. Und noch schöner wäre es, wenn er weiß, was CharLine Futterkohle ist und diese auch einsetzt.“

Welche Zukunft prognostizieren Sie der Pflanzenkohle?
Dipl.-Ing. Dunst: „Eine sehr große. Pflanzenkohle wird als einer der wichtigsten Bauteile im IPCC Report (IPCC = Intergovernmental Panel on Climate Change, Anm.) geführt, um den Klimawandel zu stoppen oder sogar umzukehren. Die Branche wächst derzeit exponentiell. Es wird sehr viel Geld investiert und da werden viele schöne Sachen kommen.“

Danke für das ausführliche Gespräch und die Einblicke in die Produktion der Futterkohle!


About
Die CharLine GmbH wurde im Jahr 2016 von Dip.-Ing. Dominik Dunst als Tochter der Sonnenerde GmbH gegründet und hat ihren Sitz im Burgenländischen Riedlingsdorf. CharLine hat sich der Herstellung von Pflanzenkohle und der Verarbeitung dieser zu Futterkohle verschrieben. Aus den 200 bis 250 Tonnen produzierter Kohle pro Jahr stellt CharLine 135 Tonnen Futterkohle für den europäischen Markt her. Tochter- und Mutterunternehmen zusammengenommen, werden rund 20 Mitarbeiter:innen beschäftigt.
Dipl.-Ing. Dominik Dunst wuchs auf einem Bauernhof auf und wurde von seinem Vater in Bezug auf Nachhaltigkeit geprägt. Vater Gerald Dunst gründete im Jahr 1998 das Unternehmen Sonnenerde, das sich mit der Erforschung, Entwicklung und Herstellung von Fertigerden auf Kompostbasis auseinandersetzt. Nach seinem Elektrotechnik Studium (Schwerpunkt Elektrische Energietechnik) an der TU Graz wuchs die Faszination am Rohstoff Pflanzenkohle aber so stark an, dass gemeinsam mit der Mutterfirma Sonnenerde die „Tochter“ CharLine Anfang 2016 gegründet wurde.
Anna Maria Rumer wuchs in einer Landwirtschaft auf und studierte Pferdewissenschaften auf der Veterinärmedizinischen Universität Wien sowie der Universität für Bodenkultur Wien. Sie ist Expertin für Futtermittelberatung beim Pferd und bei CharLine für die Abteilung Futterkohle zuständig. Die Pferdenärrin besitzt schon seit Kindertagen immer eigene Pferde und ihre Labrador Hündin Lea ist immer mit dabei. 


Fotos: © Pferdenews.eu