In Kerstin Mohapps Leben spielen Zahlen eine wesentliche Rolle. Beruflich gefallen ihr große Summen. Privat hofft sie, dass am Ende des Parcours der Wert auf der Zeitanzeige möglichst gering ist.

Das Business-Outfit sitzt. Die Reithose auch. Kerstin Mohapp hat die Attitüde der Geschäftsfrau ebenso verinnerlicht wie jene des bodenständigen Pferdemädchens. Zweimal täglich – mittags und abends – wechselt sie zwischen zwei Outfits und zwei Welten. Während Kolleg:innen ihre Mittagspause mit Jause und Erzählungen vom vergangenen Wochenende verbringen, steuert Kerstin Mohapp bereits ihr Auto in Richtung Stall. Im Büro jongliert sie mit Zahlen, in der verbleibenden Freizeit mit dem Training der Pferde, dem Management des eigenen Stalls und regelmäßigen Turnierauftritten. Kerstin Mohapp versteht es, sich geschickt in beiden Welten zu bewegen. Als Bankkauffrau berät sie Kunden, empfiehlt Sparpläne und gibt Finanzierungs-Tipps. Zahlen, Daten, ja ihre gesamte Arbeit leben von Struktur. Ein systematisches Vorgehen ist der Steirerin auch abseits des Bankgebäudes wichtig. Sie mag Klarheit. Klarheit über den Tagesablauf. Klarheit über den Trainingsplan und Klarheit über ihre Fähigkeiten.

In dieser Hinsicht bricht Kerstin Mohapp mit dem Klischee des wagemutigen Springreiters. Im Sattel geht sie nur ungern ein Risiko ein. Als Finanzberaterin weiß sie, dass man mit Sicherheiten gut fährt. Umgemünzt auf den Springsport heißt das: Mohapp bereitet sich akribisch vor und reflektiert sämtliche Ritte. Am Turnier wird nichts ausprobiert, was nicht am eigenen Reitplatz funktioniert. „Ich kann daheim nicht 1,20 m reiten, wenn ich am Turnier 1,30 m reiten will. Ich brauche das Training. Alleine schon für meinen Kopf.“ Gedanken können Berge versetzen, heißt es. Berge versetzten muss man im Parcours keine. Man muss aber an sich und sein Pferd glauben und mit Selbstbewusstsein mögliche Unsicherheiten beiseite wischen.

Kerstin Mohapp werden am Turnier Nerven wie Stahlseile nachgesagt. Ob das die Wirkung eines ausgeprägten Siegeswillens ist, oder das Ergebnis der akribischen Vorbereitung, sei dahingestellt. Einmal im Sattel, macht die Nervosität einer Fokussierung Platz, aufgrund derer Mohapp schon mehrfach als Schlussreiterin im Team einen Meistertitel besiegelte. „Ich weiß, was meine Pferde können und demnach reite ich dann auch das Turnier.“ 

Kerstin Mohapp
Foto: © EquusVitalis

Siegesgaranten
Kerstin Mohapp ist Amateurin. Doch auf dem besten Weg sich in der Profi-Liga zu etablieren.  Die Finger beider Hände reichen nicht aus, wenn die Steirerin die Liste ihrer bisherigen Erfolge aufzählt. Internationale Siege, unter anderem in der Lake Arena, Platzierungen beim CSI im Glock Horse Performance Center, der Sieg bei den Steirischen Landesmeisterschaften, acht Jahre in Folge Teilnahmen an den Bundesländermannschaftsmeisterschaften und der Sieg bei der Alpenspan Team Tour fallen als Beispiele. Bei vielen dieser Erfolge war Rappstute Tiara an ihrer Seite. Als Ausreitpferd fünfjährig gekauft, lernte Mohapp viel von der Stute und umgekehrt. „Sie hat nichts gekonnt. So hoch wie sie damals über eine Stange gesprungen ist, habe ich gesagt, mit dem Pferd werde ich niemals springen.“ 

Kerstin Mohapp
Foto: © EquusVitalis

Doch die beiden wuchsen zusammen, aus einer Reiterin und ihrer Stute wurde ein Team. Gemeinsam absolvierten sie im Jahr 2001 die Lizenzprüfung. Turniere verließen sie kaum ohne Schleife. Tiara hat selten Fehler gemacht und war dennoch schnell. „Ich habe sie immer gezielt eingesetzt. Sie ist nicht jeden Tag am Turnier gegangen. Aber wenn, war sie eigentlich immer unter den ersten Drei.“ Der gemeinsame Weg trennte sich im Jänner 2019 nach 22 gemeinsamen Jahren, als die Stute von einer Kolik erlöst werden musste. 

Familientradition
Tiara war das Pferd, das Mohapp am meisten prägte. Die Liebe zu Pferden entstand schon früher. Sie wird in der Familie seit Generationen gelebt. Bereits die Großeltern hielten auf dem eigenen Hof Pferde, die Eltern ritten freizeitmäßig. Im Alter von drei Jahren schenkten sie ihrer Tochter das erste Pony. Auf dem Rücken von „Buby“ erkundete Kerstin Mohapp die Welt und sammelte erste Reiterfahrung, vorwiegend auf Ausritten, für die es damals sogar Preise gab. Erst Jahre später nahm sie Unterricht und kam damit zu Markus Saurugg, der ihr und ihrer Schwester die Welt des Springreitens näherbrachte. Während Mohapps Schwester mittlerweile den Spring- gegen einen Dressursattel getauscht hat, ist Kerstin an der für sie abwechslungsreicheren Disziplin hängen geblieben und arbeitete sich von der Jugend-Klasse bis zur schweren Klasse hoch. Meist trat Mohapp mit einem Duo auf Turnieren auf. Neben Tiara waren das etwa Mamamia’s Apricot oder First Sensation M. Letzterer verbringt mittlerweile seine Pension in dem kleinen Privatstall in Edelsbach bei Feldbach. Mamamia’s Apricot wiederum wurde nach einer Verletzung zum Dressurpferd und trägt nun Mohapps Schwester durchs Viereck. 

EquusVitalis
Seit rund zwei Jahren tritt Kerstin Mohapp als Markenbotschafterin für den österreichischen Reitsport-Online-Shop EquusVitalis auf. Foto: © EquusVitalis

Erfolgs-Trio
Kerstin Mohapp hat derzeit drei Spitzenpferde im Stall. Mamamia’s For Pleasure zog vor vier Jahren in die Südoststeiermark. Der sensible Wallach brachte bereits Erfahrung im Parcours mit. Im vergangenen Jahr trug er seine neue Besitzerin durch ihre erste Prüfung der schweren Klasse. Den neunjährigen Diallo hat Mohapps Lebenspartner im Internet entdeckt. Der Holsteiner ist eines dieser Pferde, die einen schon auf Fotos in den Bann ziehen. Auch Mohapp war von dem Wallach fasziniert, der aber bereits als verkauft galt.

Das Schicksal meinte es dennoch gut mit ihr. Sechs Monate später erfuhr Mohapp über den Züchter, dass der Verkauf von Diallo und drei weiteren Pferden nicht abgewickelt wurde. Ein Proberitt kam zustande und der Reiterin stach noch ein weiteres Pferd ins Auge: die ein Jahr ältere Diana. Das Gefühl stimmte bei beiden, die Entscheidung fiel auf den damals siebenjährigen Wallach. Diana, die Stute vom Proberitt, wollte der Steirerin dennoch nicht aus dem Kopf gehen. Das Gefühl im Sattel war dafür zu gut. So gut, dass Mohapp bei der Stute sogar aus ihrem Schema der perfekten Vorbereitung ausbrach. An einem Dienstag im April wechselte die Stute in ihren Besitz, am Mittwoch fuhr sie mit ihr bereits aufs erste gemeinsame Turnier. Und das ohne einen weiteren Reitversuch. 

Die Einstellung passt
Das reitbegeisterte Mädchen von früher ist erwachsen geworden. Dazu gehört es auch, flügge zu werden und den Familiensitz zu verlassen. „Mein Opa hat immer gesagt, ‚bau dir selbst was auf‘ und deswegen habe ich dann von ihm das Grundstück bekommen“, erzählt die 34-Jährige. Mohapp hat unweit des großelterlichen Hofes ihr eigenes Refugium errichtet. Vor vier Jahren sind die Pferde eingezogen. Mohapps Eltern wohnen Tür an Tür mit dem Stallgebäude und unterstützen ihre Tochter etwa bei der Fütterung der Pferde. Ein eigener Stall bedeutet viel Arbeit, aber auch viele Freiheiten. Diese sind Mohapp wichtig. Ihre Pferde genießen neben einem abwechslungsreichen Trainingsprogramm mit regelmäßigen Ausritten auch täglichen Koppelgang. „Ich will meine Pferde nicht einsperren. Das sind keine Sportgeräte.“ Die Einstellung und nicht zuletzt die Wurzeln in der Südoststeiermark verbinden Mohapp mit dem Online-Pferdeshop EquusVitalis. Seit rund zwei Jahren ist sie Botschafterin der Marke und trägt diese auf ihrer weißen Reithose. Auch Turnierbox und Pferd sind in elegantem Dunkelblau gebrandet. „Die Kerstin passt einfach super in unser Bild, etwa durch die Art wie sie mit ihren Pferden umgehst. Und die Erfolge sind natürlich auch da!“, sagt EquusVitalis-Shopmanagerin Anja Stangl. 

Apropos Einstellung zum Pferd: Für viele sind Siege, Titelgewinne oder Wertnoten die schönsten Momente mit ihren Pferden. Für Mohapp gehört aber noch etwas Entscheidendes dazu: „Es ist immer schön, wenn man am Sonntag bei der Siegerehrung steht, dann aber früh genug nach Hause kommt und die Pferde noch auf die Koppel hinaus können.“

Kerstin Mohapp
Foto: © EquusVitalis